Canon RF Objektive – Ein Mount mit Ausblick

Alles hat seine Vorteile, dann ohne Frage auch die Canon RF-Objektive! Natürlich, um fotografieren zu können, muss auf der geschliffenen Glasscheibe keine Marke aufgedruckt sein. Wer aber nach den verheißungsvollen fünf Buchstaben sucht, wird es trotzdem garantiert nicht bereuen. Klar, zu Beginn springt der Kaufpreis ins Auge und zwingt zum erneuten Überlegen. Doch Qualität hat eben ihren Preis und das spiegelt sich eben wider: Abbildungsleistung, Stabilisierung, Autofokusgeschwindigkeit, Verzeichnung, Aberrationen und noch anderes mehr.

Ein ``neues`` Bajonett

„Schon wieder ein neues Bajonett!“ Wirklich, diese Frage hat man schon das eine oder andere Mal gehört! Aber nach 30 Jahren ist eine Anpassung an die neuen Technologien definitiv kein Fehler. Auch, wenn “neu” etwas befremdend klingt, denn den Mount gibt es jetzt ja doch schon seit ein paar Jahren. Und dennoch wird die Frage, wozu man alle paar Jahrzehnte eigentlich einen neuen Objektivanschluss braucht, immer mal wieder in den Raum geworfen. Nun, die Technologie bleibt nicht stehen, alles entwickelt sich weiter. Damit das volle Potenzial von Kamera und Objektiv auch genutzt werden kann, muss also logischerweise auch auf das schwächste Glied geachtet werden. Das ist prinzipiell die Verbindungsstelle, das Bajonett. Wichtig an dieser Stelle sind Stabilität und Kommunikationsgeschwindigkeit. Durch den Wegfall des Spiegelkastens ergibt sich außerdem eine höhere Stabilität und Robustheit des Kameragehäuses an der Stelle des Objektivanschlusses. Die höhere Datenübertragungsrate der Canon RF Objektive wird durch eine Erweiterung von 8 auf 12 Kontakte gewährleistet. Dank des kürzeren Abstandes vom Objektiv zum Sensor lassen sich auch die Objektive leichter berechnen bzw. mit zusätzlichen Funktionen versehen.

Was tut sich?

Gewicht und Größe
Durch das kürzere Auflagemaß (Abstand von Bajonett zu Sensor) müssen die Lichtstrahlen nicht so stark gebündelt werden, um dieselbe Abbildung wie bei einem größeren Auflagemaß zu erzielen. Das bedeutet, dass weniger Glas und kleinere Bauweisen der Objektive möglich sind. Folglich sind die neuen Canon RF-Objektive bei gleichem Funktionsumfang eines entsprechenden EF-Objektivs signifikant kleiner und leichter als die Spiegelreflex-Objektive.

Stabilisation
Wenn man so will, ist jetzt Platz im Objektiv frei geworden. Platz für nicht unwesentliche Dinge. Beispielsweise für einen optischen Stabilisator. So sind nicht zuletzt auch die lichtstarken RF-Trinity-Zoom-Objektive mit der Lichtstärke 2,8 im Gegensatz zu den DSLR-Vorgängern mit einem Stabilisator ausgestattet, was am „IS“ im Namen auch schnell zu sehen ist. Jetzt sind aber nicht nur in vielen Objektiven Bildstabilisatoren verbaut, in denen das früher nicht möglich gewesen wäre. Durch die schnellere Kommunikation der Canon RF-Objektive mit Canon EOS R Kameras ist auch die Sensorstabilisierung der stabilisierten Kameras noch wirkungsvoller geworden. Kurz: RF-Objektive sind deutlich besser stabilisiert – und zwar um bis zu drei Stufen mehr – als EF-Objektive.

Autofokus
Nicht nur, dass neue Objektive prinzipiell dank der neuen Antriebstechnologien schneller und präziser fokussieren. Sie sind auch deutlich leiser und der Autofokus ist in der Geschwindigkeit regulierbar. Während Ersteres ein Genuss für die Fotografie ist, sind Lautstärke und Regulierbarkeit enorm wichtig im Videobereich. Zudem ermöglicht die elektronische Verbindung zwischen Gehäuse und Linse, dass alle Informationen (auch zB. die Fokusdistanz) direkt im Bild angezeigt werden. Somit muss man das Auge nicht mehr vom Sucher entfernen und kann sich besser auf die Bildgestaltung konzentrieren.

Abbildungsleistung
Oft sagt man bei sehr alten Objektiven mit schlechter Abbildungsleistung, dass das Objektiv einen besonderen Charakter hat, das Bild irgendwie analog wirkt. In gewisser Hinsicht stimmt das natürlich, auch wenn hier von Objektiv zu Objektiv geschaut werden muss. Wer aber auch in Bezug auf die Abbildungsleistung nach qualitativ hochwertigen Objektiven Ausschau hält, kommt nicht am RF-Bajonett vorbei, denn die Abbildungsleistung bzw. Bildqualität ist insgesamt im Vergleich zu den Vorgängermodellen mit EF-Mount deutlich gestiegen. Doch was heißt „höhere Abbildungsleistung“ genau?

Die Bildschärfe ist insgesamt deutlich gestiegen, was sich besonders auf Aufnahmen bei offener Blende auswirkt. Man stelle sich vor, eine Portrait-Aufnahme mit dem RF 85mm F1.2L USM bei Offenblende… und das Bild ist knackescharf! Aber das beschränkt sich nicht nur auf die Bildmitte oder den Gesamteindruck des Bildes, sondern auch auf die Bildränder. Physikalisch besteht das Problem, dass bei weitwinkligen oder Supertele-Objektiven – besonders wenn es sich um Zooms handelt – häufig starke Randunschärfen auftreten, diese bei einigen Objektivkonstruktionen sogar auch noch sichtbar asymmetrisch. All diese Probleme lassen sich klarerweise nicht gänzlich eliminieren, aber dank RF so weit minimieren, dass sie de facto nicht mehr sichtbar sind. Also: Schärfe „Juhuu!“, Randunschärfe adé.

Nebenbei ist auch die Ausleuchtung des Bildkreises gleichmäßiger. Dabei handelt es sich nicht nur um die Verringerung der Vignettierung, sondern insgesamt um eine gleichmäßigere Lichtverteilung. Denn besonders bei Zoomobjektiven erkennt man im abgeblendeten Bereich ab und zu deutliche Schwankungen in der Qualität der Helligkeit, die sich fast wellenförmig ausbreitet.

Ein ganz netter Effekt der leichter zu berechnenden Linsenelemente ist, dass es dadurch zu deutlich weniger und geringeren Abbildungsfehlern kommt. Insbesondere chromatische und sphärische Aberrationen werden durch einfachere und kleinere Linsenkonstruktionen drastisch reduziert, Unschärfeschleier und Farbsäume sind wesentlich leichter zu vermeiden.

Ghosting, Lens-Flares und weitere Effekte durch direktes Gegenlicht sind aufgrund der weiterentwickelteren Vergütungstechnologien weiter minimiert. Klar, manche Lens-Flares sind schon beabsichtigt. Keine Sorge, als Gestaltungsmittel kann man sie immer noch nutzen. Denn sie sind nicht weg, sondern so sehr reduziert, dass sie das Bild nicht mehr dominieren, sondern gestalterisch unterstützen.

Bokeh und Blendensterne bekommen auch in der Konstruktion der Objektive wieder mehr Bedeutung. Gerade saubere Blendensterne sind nicht einfach zu konstruieren. Ein Paradebeispiel für den perfekten Stern jedoch stellt das RF 15-35mm F2.8L IS USM schon bei Blende 11 dar. Auch das Bokeh ist je nach Objektiv nicht nur butterweich oder kristallklar, sondern oft (besonders bei den L-Optiken) auch gleichmäßig über das gesamte Bild. So lassen sich auch offenblendig fotografiert im Nachhinein noch extreme Bildzuschnitte realisieren, ohne dass man die ursprüngliche Bildmitte dank des Bokehs erkennt.

Kurz gesagt: Zoom und Blende haben nicht mehr diesen extremen Einfluss auf die Bildqualität, wie man es von früher gewohnt ist. Einen Unterschied zu Fixbrennweiten gibt es aber trotzdem auch weiterhin.

Spezielle Funktionen & neue Objektive
Dadurch, dass die Objektivsteuerung zu 100% elektronisch erfolgt und die Dimensionierung dank des geringeren Auflagemaßes stark reduziert ist, lassen sich Objektive mit neuen und speziellen Funktionen entwickeln. Häufig sind es „Kleinigkeiten“ wie geringere Naheinstellgrenzen, was beim RF 100mm F2.8L Macro IS USM dazu führt, dass man sogar ein leichtes Lupenobjektiv mit einer 1,4-fachen Vergrößerung erhält. Oder man verfügt über ein Objektiv, das auf den ersten Blick wie ein übliches Kit-Objektiv wirkt. Aber in Wahrheit ist hier eine kleine Zusatzfunktion versteckt, die sich „Center Focus Macro“ nennt. Fokussiert man beispielsweise das RF 24-105mm F4-7.1 IS STM manuell, so kann man eine noch kürzere Naheinstellgrenze nutzen als mit dem Autofokus. Allerdings ist der Schärfe hier nur noch in der Bildmitte möglich, der Bildrand bleibt definitiv unscharf.

Durch die neuen Konstruktionsmöglichkeiten ergeben sich zudem auch neue Objektivvarianten. So wurde aus dem EF 16-35mm f/4L IS III USM ein RF 14-35mm F4L IS USM. Zwei zusätzliche Millimeter im Weitwinkelbereich machen unfassbar viel aus. Aber ganz besonders wird es beim inzwischen zum USP-Klassiker herangewachsenen RF 28-70mm F2L USM. Noch nie zuvor gab es ein Zoomobjektiv mit durchgehender Lichtstärke von 2,0.

Ebenso eine Marktneuheit ist das RF 24-105mm F2.8L IS USM Z, das ebenso mit einer einzigartigen Lichtstärke aufwartet. Dabei ist dieses Objektiv aber als „Hybrid“-Objektiv konzipiert. Dieser Begriff besagt allerdings, dass es sich um ein 100%-Foto- und 100%-Video-Objektiv handelt, bei dem man keine Kompromisse eingehen muss.

Ergonomie
Jedes RF-Objektiv verfügt über einen Ring mit Diamantmuster. Dieser Ring wird auch „Kontrollring“ genannt, da man damit verschiedene Einstellungen kontrollieren kann, von der Blendensteuerung bis zur Auswahl des Weißabgleiches oder der Fokusmethode. Die Hybrid-Objektive verfügen zusätzlich über einen weiteren Blendenring, der sich auch stufenlos verstellen lässt (Achtung, funktioniert nur im Videomodus, außer bei EOS R5 Mark II und EOS R1, hier auch im Fotomodus!). Einige der neuen Objektive haben außerdem eine programmierbare Taste. Insgesamt sind die RF-Objektive aber vor allem kompakter geworden und zeichnen sich durch einen optimal gesetzten Schwerpunkt zur leichteren Bedienbarkeit aus. In der Regel liegen die Objektive auch deutlich besser in der Hand als die Vorgängermodelle.

RF und RF-S
Wie anno dazumal beim Spiegelreflex-Mount EF, gibt es auch im spiegellosen System RF Objektive, die zwar denselben Anschluss, allerdings einen kleineren Bildkreis haben. Diese RF-S-Objektive sind speziell für die Canon APS-C Kameras entwickelt. Im Unterschied zu EF-Mount allerdings können RF-S-Linsen auch auf Vollformat EOS R Bodies geschraubt und zu 100% genutzt werden. Die Kamera registriert, dass es sich um ein RF-S handelt und nutzt automatisch den um 1,6x gecropten Sensor, was folglich auch eine geringere Auflösung nach sich zieht. Vom Design her sind die kleinen Objektive tatsächlich auch sehr minimalistisch. Sie sind deutlich schlanker und haben keinerlei Knöpfe und Schieberegler, diese Einstellungen sind dann auf der Kamera direkt zu machen. Dafür ist alles super klein, super leicht und super herzig, auch wenn die Bildqualität trotzdem fetzt!

Original Canon oder Fremdhersteller?

Wie gesagt, alles hat seinen Vorteil. Herstellereigene Original-Objektive hatten immer schon den Vorteil, optimal auf das ihnen zu Grunde liegende System zugeschnitten zu sein. Dadurch sind Leistung und Qualität stets auf höchstem Niveau.

Günstiger sind meist Objektive von Drittherstellern wie Sigma, Tamron oder anderen. Grundlegend ist hier der Unterschied, dass diese prinzipiell günstiger in der Anschaffung sind, man den Preisunterschied aber auch letztlich im Bild spürt. Sei es, dass das günstigere Objektiv deutlich schwerer ist, der Autofokus langsamer ist oder etwas ähnliches. Für alles aber gibt es eine Daseinsberechtigung und man muss sich immer selbst fragen, was man tatsächlich benötigt und was man dafür bereit ist, zu investieren.

1,6s Langzeitbelichtung ohne Stativ aus der Hand mit IBIS
1,6s-Langzeitbelichtung ohne Stativ aus der Hand mit dem IBIS der EOS R5
Weitwinkelaufnahme mit dem RF 10-20mm F4L IS STM ohne Verzeichnung und ohne Vignettierung
10mm-Weitwinkelaufnahme mit dem RF 10-20mm F4L IS STM ohne Verzeichnung und ohne Vignettierung
Gegenlichtaufnahme mit dem RF-S 18-45mm F4.5-6.3 IS STM
Schärfe und hohe Abbildungsleistung bei Gegenlichtaufnahme mit dem Kit-Objektiv RF-S 18-45mm F4.5-6.3 IS STM
Schärfeleistung des RF 100mm F2.8L IS Macro USM
Schärfeleistung des RF 100mm F2.8L IS Macro USM
Natürlicher Weichzeichnungseffekt mit der SA-Control des RF 100mm F2.8L IS Macro USM
Natürlicher Weichzeichnungseffekt mit der SA-Control des RF 100mm F2.8L IS Macro USM

Alles hat seine Vorteile, dann ohne Frage auch die Canon RF-Objektive! Natürlich, um fotografieren zu können, muss auf der geschliffenen Glasscheibe keine Marke aufgedruckt sein. Wer aber nach den verheißungsvollen fünf Buchstaben sucht, wird es trotzdem garantiert nicht bereuen. Klar, zu Beginn springt der Kaufpreis ins Auge und zwingt zum erneuten Überlegen. Doch Qualität hat eben ihren Preis und das spiegelt sich eben wider: Abbildungsleistung, Stabilisierung, Autofokusgeschwindigkeit, Verzeichnung, Aberrationen und noch anderes mehr.

Ein ``neues`` Bajonett

„Schon wieder ein neues Bajonett!“ Wirklich, diese Frage hat man schon das eine oder andere Mal gehört! Aber nach 30 Jahren ist eine Anpassung an die neuen Technologien definitiv kein Fehler. Auch, wenn “neu” etwas befremdend klingt, denn den Mount gibt es jetzt ja doch schon seit ein paar Jahren. Und dennoch wird die Frage, wozu man alle paar Jahrzehnte eigentlich einen neuen Objektivanschluss braucht, immer mal wieder in den Raum geworfen. Nun, die Technologie bleibt nicht stehen, alles entwickelt sich weiter. Damit das volle Potenzial von Kamera und Objektiv auch genutzt werden kann, muss also logischerweise auch auf das schwächste Glied geachtet werden. Das ist prinzipiell die Verbindungsstelle, das Bajonett. Wichtig an dieser Stelle sind Stabilität und Kommunikationsgeschwindigkeit. Durch den Wegfall des Spiegelkastens ergibt sich außerdem eine höhere Stabilität und Robustheit des Kameragehäuses an der Stelle des Objektivanschlusses. Die höhere Datenübertragungsrate der Canon RF Objektive wird durch eine Erweiterung von 8 auf 12 Kontakte gewährleistet. Dank des kürzeren Abstandes vom Objektiv zum Sensor lassen sich auch die Objektive leichter berechnen bzw. mit zusätzlichen Funktionen versehen.

Was tut sich?

Gewicht und Größe
Durch das kürzere Auflagemaß (Abstand von Bajonett zu Sensor) müssen die Lichtstrahlen nicht so stark gebündelt werden, um dieselbe Abbildung wie bei einem größeren Auflagemaß zu erzielen. Das bedeutet, dass weniger Glas und kleinere Bauweisen der Objektive möglich sind. Folglich sind die neuen Canon RF-Objektive bei gleichem Funktionsumfang eines entsprechenden EF-Objektivs signifikant kleiner und leichter als die Spiegelreflex-Objektive.

Stabilisation
Wenn man so will, ist jetzt Platz im Objektiv frei geworden. Platz für nicht unwesentliche Dinge. Beispielsweise für einen optischen Stabilisator. So sind nicht zuletzt auch die lichtstarken RF-Trinity-Zoom-Objektive mit der Lichtstärke 2,8 im Gegensatz zu den DSLR-Vorgängern mit einem Stabilisator ausgestattet, was am „IS“ im Namen auch schnell zu sehen ist. Jetzt sind aber nicht nur in vielen Objektiven Bildstabilisatoren verbaut, in denen das früher nicht möglich gewesen wäre. Durch die schnellere Kommunikation der Canon RF-Objektive mit Canon EOS R Kameras ist auch die Sensorstabilisierung der stabilisierten Kameras noch wirkungsvoller geworden. Kurz: RF-Objektive sind deutlich besser stabilisiert – und zwar um bis zu drei Stufen mehr – als EF-Objektive.

1,6s Langzeitbelichtung ohne Stativ aus der Hand mit IBIS
1,6s-Langzeitbelichtung ohne Stativ aus der Hand mit dem IBIS der EOS R5

Autofokus
Nicht nur, dass neue Objektive prinzipiell dank der neuen Antriebstechnologien schneller und präziser fokussieren. Sie sind auch deutlich leiser und der Autofokus ist in der Geschwindigkeit regulierbar. Während Ersteres ein Genuss für die Fotografie ist, sind Lautstärke und Regulierbarkeit enorm wichtig im Videobereich. Zudem ermöglicht die elektronische Verbindung zwischen Gehäuse und Linse, dass alle Informationen (auch zB. die Fokusdistanz) direkt im Bild angezeigt werden. Somit muss man das Auge nicht mehr vom Sucher entfernen und kann sich besser auf die Bildgestaltung konzentrieren.

Abbildungsleistung
Oft sagt man bei sehr alten Objektiven mit schlechter Abbildungsleistung, dass das Objektiv einen besonderen Charakter hat, das Bild irgendwie analog wirkt. In gewisser Hinsicht stimmt das natürlich, auch wenn hier von Objektiv zu Objektiv geschaut werden muss. Wer aber auch in Bezug auf die Abbildungsleistung nach qualitativ hochwertigen Objektiven Ausschau hält, kommt nicht am RF-Bajonett vorbei, denn die Abbildungsleistung bzw. Bildqualität ist insgesamt im Vergleich zu den Vorgängermodellen mit EF-Mount deutlich gestiegen. Doch was heißt „höhere Abbildungsleistung“ genau?

Die Bildschärfe ist insgesamt deutlich gestiegen, was sich besonders auf Aufnahmen bei offener Blende auswirkt. Man stelle sich vor, eine Portrait-Aufnahme mit dem RF 85mm F1.2L USM bei Offenblende… und das Bild ist knackescharf! Aber das beschränkt sich nicht nur auf die Bildmitte oder den Gesamteindruck des Bildes, sondern auch auf die Bildränder. Physikalisch besteht das Problem, dass bei weitwinkligen oder Supertele-Objektiven – besonders wenn es sich um Zooms handelt – häufig starke Randunschärfen auftreten, diese bei einigen Objektivkonstruktionen sogar auch noch sichtbar asymmetrisch. All diese Probleme lassen sich klarerweise nicht gänzlich eliminieren, aber dank RF so weit minimieren, dass sie de facto nicht mehr sichtbar sind. Also: Schärfe „Juhuu!“, Randunschärfe adé.

Nebenbei ist auch die Ausleuchtung des Bildkreises gleichmäßiger. Dabei handelt es sich nicht nur um die Verringerung der Vignettierung, sondern insgesamt um eine gleichmäßigere Lichtverteilung. Denn besonders bei Zoomobjektiven erkennt man im abgeblendeten Bereich ab und zu deutliche Schwankungen in der Qualität der Helligkeit, die sich fast wellenförmig ausbreitet.

Ein ganz netter Effekt der leichter zu berechnenden Linsenelemente ist, dass es dadurch zu deutlich weniger und geringeren Abbildungsfehlern kommt. Insbesondere chromatische und sphärische Aberrationen werden durch einfachere und kleinere Linsenkonstruktionen drastisch reduziert, Unschärfeschleier und Farbsäume sind wesentlich leichter zu vermeiden.

Ghosting, Lens-Flares und weitere Effekte durch direktes Gegenlicht sind aufgrund der weiterentwickelteren Vergütungstechnologien weiter minimiert. Klar, manche Lens-Flares sind schon beabsichtigt. Keine Sorge, als Gestaltungsmittel kann man sie immer noch nutzen. Denn sie sind nicht weg, sondern so sehr reduziert, dass sie das Bild nicht mehr dominieren, sondern gestalterisch unterstützen.

Bokeh und Blendensterne bekommen auch in der Konstruktion der Objektive wieder mehr Bedeutung. Gerade saubere Blendensterne sind nicht einfach zu konstruieren. Ein Paradebeispiel für den perfekten Stern jedoch stellt das RF 15-35mm F2.8L IS USM schon bei Blende 11 dar. Auch das Bokeh ist je nach Objektiv nicht nur butterweich oder kristallklar, sondern oft (besonders bei den L-Optiken) auch gleichmäßig über das gesamte Bild. So lassen sich auch offenblendig fotografiert im Nachhinein noch extreme Bildzuschnitte realisieren, ohne dass man die ursprüngliche Bildmitte dank des Bokehs erkennt.

Kurz gesagt: Zoom und Blende haben nicht mehr diesen extremen Einfluss auf die Bildqualität, wie man es von früher gewohnt ist. Einen Unterschied zu Fixbrennweiten gibt es aber trotzdem auch weiterhin.

Weitwinkelaufnahme mit dem RF 10-20mm F4L IS STM ohne Verzeichnung und ohne Vignettierung
10mm-Weitwinkelaufnahme mit dem RF 10-20mm F4L IS STM ohne Verzeichnung und ohne Vignettierung

Spezielle Funktionen & neue Objektive
Dadurch, dass die Objektivsteuerung zu 100% elektronisch erfolgt und die Dimensionierung dank des geringeren Auflagemaßes stark reduziert ist, lassen sich Objektive mit neuen und speziellen Funktionen entwickeln. Häufig sind es „Kleinigkeiten“ wie geringere Naheinstellgrenzen, was beim RF 100mm F2.8L Macro IS USM dazu führt, dass man sogar ein leichtes Lupenobjektiv mit einer 1,4-fachen Vergrößerung erhält. Oder man verfügt über ein Objektiv, das auf den ersten Blick wie ein übliches Kit-Objektiv wirkt. Aber in Wahrheit ist hier eine kleine Zusatzfunktion versteckt, die sich „Center Focus Macro“ nennt. Fokussiert man beispielsweise das RF 24-105mm F4-7.1 IS STM manuell, so kann man eine noch kürzere Naheinstellgrenze nutzen als mit dem Autofokus. Allerdings ist der Schärfe hier nur noch in der Bildmitte möglich, der Bildrand bleibt definitiv unscharf.

Durch die neuen Konstruktionsmöglichkeiten ergeben sich zudem auch neue Objektivvarianten. So wurde aus dem EF 16-35mm f/4L IS III USM ein RF 14-35mm F4L IS USM. Zwei zusätzliche Millimeter im Weitwinkelbereich machen unfassbar viel aus. Aber ganz besonders wird es beim inzwischen zum USP-Klassiker herangewachsenen RF 28-70mm F2L USM. Noch nie zuvor gab es ein Zoomobjektiv mit durchgehender Lichtstärke von 2,0.

Ebenso eine Marktneuheit ist das RF 24-105mm F2.8L IS USM Z, das ebenso mit einer einzigartigen Lichtstärke aufwartet. Dabei ist dieses Objektiv aber als „Hybrid“-Objektiv konzipiert. Dieser Begriff besagt allerdings, dass es sich um ein 100%-Foto- und 100%-Video-Objektiv handelt, bei dem man keine Kompromisse eingehen muss.

Ergonomie
Jedes RF-Objektiv verfügt über einen Ring mit Diamantmuster. Dieser Ring wird auch „Kontrollring“ genannt, da man damit verschiedene Einstellungen kontrollieren kann, von der Blendensteuerung bis zur Auswahl des Weißabgleiches oder der Fokusmethode. Die Hybrid-Objektive verfügen zusätzlich über einen weiteren Blendenring, der sich auch stufenlos verstellen lässt (Achtung, funktioniert nur im Videomodus, außer bei EOS R5 Mark II und EOS R1, hier auch im Fotomodus!). Einige der neuen Objektive haben außerdem eine programmierbare Taste. Insgesamt sind die RF-Objektive aber vor allem kompakter geworden und zeichnen sich durch einen optimal gesetzten Schwerpunkt zur leichteren Bedienbarkeit aus. In der Regel liegen die Objektive auch deutlich besser in der Hand als die Vorgängermodelle.

Schärfeleistung des RF 100mm F2.8L IS Macro USM
Schärfeleistung des RF 100mm F2.8L IS Macro USM
Natürlicher Weichzeichnungseffekt mit der SA-Control des RF 100mm F2.8L IS Macro USM
Natürlicher Weichzeichnungseffekt mit der SA-Control des RF 100mm F2.8L IS Macro USM

RF und RF-S
Wie anno dazumal beim Spiegelreflex-Mount EF, gibt es auch im spiegellosen System RF Objektive, die zwar denselben Anschluss, allerdings einen kleineren Bildkreis haben. Diese RF-S-Objektive sind speziell für die Canon APS-C Kameras entwickelt. Im Unterschied zu EF-Mount allerdings können RF-S-Linsen auch auf Vollformat EOS R Bodies geschraubt und zu 100% genutzt werden. Die Kamera registriert, dass es sich um ein RF-S handelt und nutzt automatisch den um 1,6x gecropten Sensor, was folglich auch eine geringere Auflösung nach sich zieht. Vom Design her sind die kleinen Objektive tatsächlich auch sehr minimalistisch. Sie sind deutlich schlanker und haben keinerlei Knöpfe und Schieberegler, diese Einstellungen sind dann auf der Kamera direkt zu machen. Dafür ist alles super klein, super leicht und super herzig, auch wenn die Bildqualität trotzdem fetzt!

Gegenlichtaufnahme mit dem RF-S 18-45mm F4.5-6.3 IS STM
Schärfe und hohe Abbildungsleistung bei Gegenlichtaufnahme mit dem Kit-Objektiv RF-S 18-45mm F4.5-6.3 IS STM

Original Canon oder Fremdhersteller?

Wie gesagt, alles hat seinen Vorteil. Herstellereigene Original-Objektive hatten immer schon den Vorteil, optimal auf das ihnen zu Grunde liegende System zugeschnitten zu sein. Dadurch sind Leistung und Qualität stets auf höchstem Niveau.

Günstiger sind meist Objektive von Drittherstellern wie Sigma, Tamron oder anderen. Grundlegend ist hier der Unterschied, dass diese prinzipiell günstiger in der Anschaffung sind, man den Preisunterschied aber auch letztlich im Bild spürt. Sei es, dass das günstigere Objektiv deutlich schwerer ist, der Autofokus langsamer ist oder etwas ähnliches. Für alles aber gibt es eine Daseinsberechtigung und man muss sich immer selbst fragen, was man tatsächlich benötigt und was man dafür bereit ist, zu investieren.